Marlene
Mauspfad
Tabulos war sie, um nicht zu sagen hemmungslos. Ich sage war, weil Marlene
uns längst verlassen hat. Sie ging von uns - in Frieden und voller Abenteuerlust. Nein,
nicht gen Himmel, sondern in den australischen Outback. Dort ist sie Eheweib eines
alternden Fernfahrers - der sie liebevoll Marly nennt, wenn er mal da ist -, unter Mrs.
Patrick Piercely behördlich registriert, immer noch kinderlos, aber dafür ständig mit
Kindern in Kontakt.
Sie arbeitet als Lehrerin in einem dieser "fliegenden"
Klassenzimmer, weil die Kinder im weiten Outback nur per Funk unterrichtet werden können.
Die Bildung fliegt also sozusagen durch die Luft. Jeden Tag einen Hin- und Rückflug zur
Schule können Leute im Outback sich nicht leisten, aber die Kinder sollen auch nicht dumm
sterben. Also lauschen sie allwochentäglich der glockenhellen Stimme des immer noch
attraktiven Vollweibs - und lernen tatsächlich etwas dabei.
Marlene stammt aus einer süddeutschen Kleinststadt, war von Kind an
äußerst wissbegierig, hat aber merkwürdigerweise nie auf den Ruf in die Großstadt
gehört, obwohl immer mal wieder jemand gerufen haben soll.
Nein, sie liebte Kleinststädte - und ich behaupte immer noch: Sie liebte
das Leben im Mittelpunkt, und in den Käffern war ihr tägliche Aufmerksamkeit sicher. Sie
hätte Schauspielerin werden sollen!
Da gab es allerdings ein kleines Handicap - und das war ihre
Vollweib-Erscheinung. Sie war nun nicht gerade unförmig, obwohl sie selber sich mit der
ihr eigenen Selbstronie oft so bezeichnete - aber sie war eben auch nicht der Magersucht
verfallen. Im Übrigen mit allen, aber auch allen weiblichen Attributen überreichlich
gesegnet, mangelte es ihr nie an Liebhabern, darunter viele ausgesprochen exotische
Exemplare.
Marlene besaß noch einen Vorzug: Sie hatte Verstand. Ihre Wissbegier und
angeborene Neugier hatten einen reichen Fundus an Daten im Hinterkopf gespeichert, den sie
auf "Knopfdruck" abliefern konnte. Und so verblüffte sie vor allem die, die es
ausschließlich auf ihre körperlichen Reize abgesehen hatten, mit intelligenten und
äußerst schlagfertigen Bemerkungen - und machte sie mundtot (und machmal auch woanders
schwach), bevor es zum Äußersten gekommen war.
Einer ihrer Standardsprüche war: "Ach, flösse doch nur wieder Blut
in meinem Alkohol!" Naja, eigentlich war es mehr ein Seufzer - aber immerhin wirft es
ein Licht auf die Schattenseiten dieser großen Frau. Sie war ein Suchtmensch durch und
durch! Sie kapitulierte vor keinem Thema, keinem Wissensgebiet, durchdrang mit ihrem Eifer
philosophische und physikalische Phänomene mühelos, lernte sogar für einen Lover aus
dem Stand japanisch - aber genauso intensiv widmete sie sich auch den irdischen Genüssen.
Egal, welcher Art!
Genug war ihr noch lange nicht genug: Sie rauchte wie ein Schlot, sie
kiffte gelegentlich, war verrückt nach Mannsbildern und sie soff. Mit zwei, drei Bieren
wurde Marlene munter, ab dem fünften wurde sie sinnlich - und ab dem achten geriet sie in
einen Zustand, vor dem sich jeder, der sie gut kannte, tunlichst in Sicherheit brachte.
Das war natürlich ein wenig gemein, denn, schnöde alleingelassen, manövrierte sie sich
immer wieder in Situationen, vor denen sie am nächsten Morgen ab und zu schon gerne die
Augen verschlossen hätte...
Doch Jammern war nicht ihre Art: Sie sah in den Spiegel, nuschelte ihrem
Ebenbild ein "Wie heißt denn du??" zu, straffte die Schultern und marschierte
mutig in den neuen Tag. Ohne Reue, ohne Scham, voller Lebenslust.
Marlene Mauspfad war einzigartig!
Im Menü links findet ihr ein
paar locker ausgewählte Episoden aus Marlenes aufregendem Leben. Meistens heitere, auch
ein oder zwei weniger heitere. Die Liste wird auf jeden Fall noch ergänzt, wobei die
Chronologie keine Rolle spielt, nur das Ereignis. Na, neugierig geworden? |


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