©Dresdner Neueste Nachrichten 2006 - Konzert am 06.06.2006 in Leipzig

Gott im Quartett

Konzert in Leipzig

Von Mathias Wöbking
 

Der Mann, den Londoner Graffitisprüher vor zirka 40 Jahren mit nachhaltender Wirkung zu Gott erklärten, duldet Gitarrengötter neben sich - bis zu drei waren es beim Konzert Eric Claptons am Dienstag in Leipzig. Die Fans bekamen in der ausverkauften Messehalle 1 deshalb vor allem vier Dinge geboten: Soli, Soli, Soli und Soli.

Erster Solist: Robert Cray. Ausgiebige Bluesgitarrenläufe sind schon für den Chef der Vorgruppe von zentraler Bedeutung. Später schließt sich Cray noch mehrmals dem Hauptakteur an. Zweiter Solist: Doyle Bramhall II. Der 34-Jährige stand bereits bei der Welttour 2004 an Claptons Seite. Seine damalige Rolle als Wunderkind muss er allerdings nun an den dritten Solisten weiterreichen: an Derek Trucks. Zwei Tage vor seinem 27. Geburtstag zeigt der Slide-Gitarrist, dass selbst im Bluesrock - einem Genre, das Neuerungen nicht unbedingt offen gegenüber steht - noch völlig unerhörte Tonfolgen und Klangspiele möglich sind.

Da stehen also schon mal drei Ausnahmegitarristen auf der Bühne, und das spricht für Bescheidenheit wie Selbstbewusstsein des vierten Solisten: Eric Clapton. Dass er der Versuchung widersteht, mittelmäßige Musiker um sich zu scharen, um selbst umso heller zu strahlen, hat inspirierende Wirkung: Lange hat Mister Slowhand nicht mehr so einfallsreich und spielfreudig, ja, gerockt wie zurzeit. Mit "So Tired" und dem Titelsong finden denn auch lediglich zwei Stücke der eher poppig-souligen aktuellen Platte "Back Home" ihren Platz im zweistündigen Programm.

Clapton ist kein Mann großer Worte. Erst nach zwei Stücken in 25 Minuten, in denen Clapton, Bramhall und Trust genau zehn Gitarrensoli untergebracht haben, räuspert er sich und sagt "Good evening". Später folgt noch ein paar Mal das guterzogene Wörtchen "Dankeschön" und schließlich ein zartes "Auf Wiedersehen". Mehr nicht. Mit einer Ausnahme: Nachdem sich die Musiker für die bei Clapton obligatorischen Unplugged-Klänge hingesetzt haben, sagt er: "This is for Billy". Es folgt "Back Home". "Oh Billy" singt er in dem Stück immer wieder wehmütig. Wenige Augenblicke vor dem Auftritt hat Clapton erfahren, dass sein Freund Billy Preston, der als fünfter Beatle Musikgeschichte geschrieben hat und noch vor einem Jahr für Clapton die Hammond-Orgel bediente, Stunden zuvor gestorben ist.

Bald darauf jedoch legen die Musiker die Lagerfeuer-Zupfgitarren wieder beiseite. Weiter geht's mit J. J. Cales Klassiker "After Midnight" und damit: mit lautem Rock - was an vielen Standorten der Halle leider gleichbedeutend ist mit undifferenziertem Lärm. Schade, dass Claptons erstes Konzert in den neuen Bundesländern nur in Bühnennähe im dafür angemessenen Sound zu erleben war. Dass zu der Zwölfer-Besetzung von Claptons Band auch drei Bläser und zwei Backgroundsängerinnen gehören, ist zwar zu sehen, aber im Klangdickicht oft nicht zu hören.

Die Hits "Wonderful Tonight", "Layla", "Cocaine" und, als Zugabe, "Crossroads" bereiten den Fans dennoch überall sichtlich großen Spaß. Nicht nur, weil es großartig ist, die vielfach kopierten Klassiker mal live vom Original zu hören. Sondern auch, weil die alten Lieder in der Interpretation der Seitenanfanghochkarätigen jungen Band gar nicht betagt klingen.