©Kölnische Rundschau 2006
- Konzert am 13.07.2006 in Köln
Familien-Blues im Schaukelstuhl
Eric Clapton spielt den Blues
Von Sascha Woltersdorf
Während Gospel stets die Musik Gottes war, hat Blues
mehr mit Tod und Teufel zu tun. Vor allem letzterer trat gern in Gestalt
der Versuchung auf. Sex, Drogen, Geld, Macht - der Blues kann davon ein
Lied singen. Dementsprechend früh raffte es viele Musiker dahin. Robert
Johnson, der vielleicht erste moderne Bluesgitarrist, Jimi Hendrix, Janis
Joplin...
Der 61-jährige Eric Clapton hat all das überlebt, seine Heroin- und
Alkoholsucht ebenso wie die Erhebung in den musikalischen Olymp. Und
vielleicht hat the artist formerly known as Gitarrengott ja sogar deshalb
- sicherheitshalber - zwei am Gospel geschulte Sängerinnen auf seiner
„Back Home“-Tour dabei.
Insgesamt elf Musiker begleiten Clapton auf der Bühne der vollbesetzten
Kölnarena. Wobei der Begriff „Begleitmusiker“ nicht ganz stimmt, denn es
ist Clapton, der sich oft zurücknimmt, um den anderen Raum zu lassen. Zum
Beispiel Derek Trucks, Gitarrenwunderkind und Neffe von Butch Trucks, dem
Schlagzeuger der legendären Allman Brothers Band. Derek soll seinen Namen
übrigens in Anlehnung an Derek And The Dominos bekommen haben, einer 1970
von Clapton gegründeten Band, bei deren Sessions oft ein gewisser Duane
Allman dabei war. „Layla“ ist eines der Stücke, das auf diese Weise
entstand. Die „Back Home“-Tour schließt also eine Art familiären Kreis,
was Claptons aktueller Gemütslage sicher vollkommen entspricht. „Back Home“
ist nichts anderes als ein Familienalbum. Den wilden Blues hat Slowhand
längst gegen einen Schaukelstuhl auf der sonnigen Gartenveranda
eingetauscht. Aber man weiß das, erwartet das und bekommt es auch: Der
Abend in Köln hatte eine Reihe dieser Schnarch-Blues-Stücke und dieser
Endlosgitarrensoli, die sich eigentlich nur nach Längenwettbewerb anhören.
„Little Queen Of Spades“ zum Beispiel. Da half auch kein Derek Trucks, der
immerhin ein paar neue Wendungen auf dem Griffbrett zeigen konnte. Und das
sogar mit der hochbetagten Bluestechnik der Slidegitarre, bei der die
Gitarristen mit einem auf den Finger gesteckten Glasröhrchen (früher ein
abgebrochener Flaschenhals) über die Saiten gleiten.
Dann klang es manchmal wundervoll nach Wehmut, wenn Trucks seine SG wie
ein Schlosshund den Mond anheulen ließ. Der Rest war guter handwerklicher
Standard von „Nobody knows you when you're down and out“ bis „Cocaine“,
und man konnte sich mal wieder wundern, wie lange Clapton als Sänger
unterschätzt worden ist. Hinter dem Gesangsmikrofon sieht er zwar aus wie
ein Goldfisch bei meditativen Atemübungen. Aber die metallische und doch
weiche Stimme scheint tief aus dem Inneren zu kommen und lässt viel von
der Leidenschaft ahnen, die etwa in „After Midnight“ oder „Layla“ steckt.
Ein bisschen mehr Leidenschaft hätte allerdings dem ganzen Bluesrockabend
gut getan.
Es
muss ja nicht immer gleich beim Teufel enden. |
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