©General-Anzeiger Bonn 2006 - Konzert am 13.07.2006 in Köln

Keiner kennt dich, wenn du am Boden bist

Gitarrengötterspeise: Eric Clapton (61) und seine Ministranten zelebrieren in der Kölnarena eine Feier zu Ehren des Saiteninstruments. 12 000 Fans kommen in rund zwei Stunden auf ihre Kosten

Von Susanne Schramm

Immer wieder fängt die Kamera in der Kölnarena einen Mann mit blondem Pferdeschwanz ein. Vielfach vergrößert, erscheint er auf den beiden Leinwänden rechts und links der Bühne. Sie zeigen sein Gesicht, dessen weiche, noch unfertige Züge ihn viel jünger wirken lassen, als er ist. Seine Hände, die zärtlich und wissend über Hals und Körper der Gitarre gleiten, so, als gehörten sie zum Leib einer Geliebten.
Seine Finger, feinnervig und kraftvoll zugleich, die jedes Erzittern, das er ihr entlockt, registrieren. Die der Spannung nachspüren, sie verstärken, das Tempo nach und nach steigern.
Der Mann an der Slide-Gitarre heißt Derek Trucks, ist 26 Jahre alt und stiehlt mit seinen elektrisierenden Glasröhrchen-Glissandi demjenigen, um den es eigentlich geht, die Show. Beinahe. Denn die Hauptperson ist kein Geringerer als Eric Clapton (61), und der gilt immerhin als einer der besten Rock- und Bluesgitarristen der Welt. Auf seiner "Back Home"-Tour - so benannt nach seiner letzten, August 2005 erschienenen CD - machte Mr. Slowhand in der Kölnarena Station. Neben dem unglaublich guten Trucks hat er mit Doyle Bramhall (34) noch ein zweites As im Ärmel, und wenn auch noch Robert Cray (Vorprogramm) in bester B. B.-King-Tradition dazustößt, ist die Gitarrengötterspeise perfekt.
Zwar kommen in rund zwei Stunden auch diejenigen auf ihre Kosten, die von dem ergrauten Existenzgründer des Bluesrock in der Hauptsache solche Knaller wie "Layla", "After Midnight" oder "Cocaine" erwarten, aber das, was in Wirklichkeit abgeht, ist eine quasireligiöse Feier zu Ehren eines Instruments. Sie wird zelebriert von Clapton und seinen Ministranten. 12 000 Fans huldigen dem Gott der Stahlsaiten. Und wenn sie es nicht tun, es gar wagen, in einem der vielen virtuosen Soli ihrer Geschwätzigkeit nachzugeben, dann setzt es auch schon mal giftige Bemerkungen.
"So Tired" heißt eins der Stücke von der letzten CD. Aber davon keine Spur. "Back Home", das bedeutet nicht, wie man annehmen könnte, es sich zu Hause im Lehnstuhl gemütlich zu machen, sondern wieder da zu sein, wo die Luft brennt und wo man hingehört: auf der Bühne. Für Dynamik sorgen dort, neben den Gitarristen, Willie Weekers (Bass), Steve Jordan (Schlagzeug), Tim Carman (Klavier), Chris Stainton (Orgel), das "Kick Horns"-Trio (Bläser) und die Backgroundstimmen von Michelle John und Sharon White, bei. Um ein verdammt temporeiches Spiel hinzulegen, brauchen elf Menschen nicht unbedingt einen Rasen. "Nobody Knows You When You're Down And Out" ist einer der Höhepunkte des Abends, im Akustik-Teil klingt "Back Home" viel besser als in der Studio-Version, und wenn der Mann mit der Stratocaster plötzlich mutterseelenallein im Scheinwerferlicht steht, und die ersten Töne von "Wonderful Tonight" erklingen, dann schweigen selbst die Geschwätzigsten.
Mag sein, dass der Musiker Clapton älter geworden ist. Aber er ist noch immer jung genug, um Andacht zu erzeugen. SeitenanfangSelbst bei den Ungläubigen. Halle.