©Frankfurter Rundschau 2006 - Konzert am 03.06.2006 in Frankfurt/Main

Gott im Trio

Eric Claptons Tourauftakt

Von Clemens Schürger

Heutzutage leuchten in der Frankfurter Festhalle keine Feuerzeuge mehr, heute leuchten die Handys. Was viel über das Konzert von Eric Clapton sagt: Während auf der Bühne zwei Stunden mit Eifer und zum Teil unter Volldampf Musik gemacht wird, bleibt das Publikum merkwürdig unberührt und versucht stattdessen, mit schlechten Objektiven einen Schnappschuss von Slowhand zu bekommen. Und buht, wenn nach nur einer Zugabe das Licht angeht.

Betrachten wir's als atmosphärische Störung, wie sie in jeder noch so guten Beziehung mal vorkommt. Man bleibt trotzdem auf jeden Fall zusammen, schließlich ist man ja gemeinsam grau geworden und weiß, was man aneinander hat. Aber mit zunehmendem Alter sind die Partner vielleicht auch weniger bereit, Kompromisse zu machen.

Nur das, was wichtig ist

Und so ist das, was der mittlerweile 61-jährige Clapton dem Publikum bietet, eben auch in gewissem Sinne kompromisslos. Sicher, ein bisschen Show muss sein, und so wird die Bühne mit ausgefeilter Technik ins rechte Licht gerückt. Aber als Entertainer versucht sich Eric Clapton schon gar nicht mehr; die Kommunikation mit dem Publikum beschränkt sich auf ein artiges Dankeschön nach jedem Titel. Nein, der Brite tritt auf der gegenwärtigen Welttournee mit elfköpfiger Band aus ausgesuchten Profis gut hörbar an, um allein das zu machen, was ihm wichtig ist: Musik. genauer: Blues.

Daran lässt bereits der erste Teil des Konzerts keinen Zweifel aufkommen. Klassiker wir der "Bell Bottom Blues" noch aus den Zeiten von Derek & The Dominos oder "Motherless Children" werden druckvoll und schnörkellos gespielt, Schlagzeuger Steve Jordan zeigt sich von Anfang an mit präziser Arbeit als Kraft, die alles zusammenhält. Schon in den ersten Songs ist für die Musiker viel Raum fürs Improvisieren gelassen, und damit wird früh klar: Hier geht es nicht um das Herunterspielen einer Sammlung von größten Hits, hier geht es um Spielfreude, die in Altbekanntem viel Neues entdecken lässt.

Nach so viel Tempo leitet "Back Home" vom gleichnamigen Album aus dem vergangenen Jahr den zweiten, gemächlicheren Teil des Konzerts ein - es geht also unplugged weiter. Spätestens hier wird deutlich, dass auf der Tour 2006 ein Trio im Zentrum steht: Clapton und seine beiden fantastischen Co-Gitarristen Derek Truck und Doyle Bramhall stellen Akustik-Fassungen unter anderem von "I am yours" vor - durchsichtig und fein, unterlegt vom weichen, melodischen Sound der Bläser-Sektion The Kick Horns. Sein Part als Teil eines Trios scheint Eric Clapton sichtlich zu behagen. Er will und muss sich heute erst recht nicht als der "Gitarrengott" verkaufen, der er eh nie sein wollte. Stattdessen tritt er gern einen Schritt zurück, wenn zum Beispiel Derek Truck in einem Bottleneck-Solo brilliert.

Und Raum für Soli bietet auch der dritte Teil des Konzerts reichlich. Natürlich müssen hier die Hits her: "Wonderful tonight", "Layla" und schließlich "Cocaine". Doch gerade das von der Blues-Legende Robert Johnson geprägte "Queen of Spades" wird unerwartet zum Höhepunkt des Konzerts. Eine Feier für den Blues, und Clapton macht hier mit einem unglaublich virtuosen, technisch brillanten Solo seinen Anspruch auf die Meisterschaft deutlich, zeigt Leidenschaft und das alte Feuer.

Das reißt dann auch das Publikum hin. Wer weiß: weniger Handys, mehr Feuerzeuge - und er gibt beim nächsten Mal nach dem fantastischen "Crossroads" noch eine zweite Zugabe. Wir kriegen ihn Seitenanfangschon rum.