Claptons Rückkehr zum Rock
Von Uwe Käding
Die Zeit der Melancholie ist vorbei, Eric Clapton rockt
wieder. Sein Sound wird geerdet, aber nicht mehr dominiert vom Blues - wie
beim Auftaktkonzert der Deutschlandtour zu hören war.
Wer
im Vorfeld der "Back Home"-Tour weltschmerzigen Blues und im schlimmsten
Fall Soul-Pop wie auf dem letzten Studioalbum befürchtet hatte, wird schon
bei den ersten Takten eines Besseren belehrt: "Pretending" wird mit einer
Mischung aus rhythmischer Wucht und musikalischer Finesse in den Saal
gehämmert, dass man sich an den Ursprung des Claptonschen Ruhms
zurückversetzt fühlt - harter Rock, mit gefühlvollen Gitarrensoli; geerdet,
aber nicht mehr dominiert vom Blues und gespielt mit einer erstklassigen
Band.
Musiker Clapton: Frischzellenkur für die Band
Rund 11.000 Besucher waren am Samstag in die Frankfurter
Festhalle gekommen, um die 61-jährige Gitarrenlegende live zu erleben.
Clapton, deutlich jünger aussehend, kommt in rosa Jeans-Hemd und Jeans auf
die Bühne. Fast im Zentrum Slide-Gitarrist Derek Trucks, Jahrgang 1979 und
von Kindheitsbeinen an in die Allman Brothers Band hineingewachsen. Er hat
Doyle Bramhall II nicht nur in der Bühnenaufstellung an den Rand
verdrängt. Der 34-Jährige Bramhall war noch bei der vorigen Tour Claptons
"Wonder-Kid" an der Gitarre.
Am Klavier gibt Chris Stainton eine Galavorstellung, während Tim Carmon an
der Orgel eine sehr verhaltene Rolle spielt. Am Bass groovt bei dieser
Tour Willie Weeks, und am Schlagzeug sitzt mit Steve Jordan auch ein neuer
Mann im Clapton-Kosmos. Eine Frischzellenkur, die der Band viel Dynamik
bringt.
Ironischerweise ist "Pretending" der erste Song von Claptons bis dato
letztem Rock-Album "Journeyman" von 1990. Ein Jahr darauf kam sein Sohn
Conor bei einem tragischen Unfall in New York ums Leben; Clapton
verarbeitete das Trauma mit dem Song "Tears in Heaven". Das dazugehörige "Unplugged"-Album
wurde zu seinem kommerziell erfolgreichsten und setzte den Ton für die
Dekade. Erst mit der Rückbesinnung auf sein Blues-Idol Robert Johnson
schien sich Clapton von der Melancholie dieser Phase wieder zu lösen. Der
Soulpop von "Back Home" irritierte dann aber die Fans.
Ausrasten ist woanders
Mit dem Slide-Experten Trucks und dem Linkshänder Bramhall hat Clapton bei
seiner Tour Gitarristen an seiner Seite, die jederzeit selbst den Top-Spot
im Rampenlicht einnehmen könnten. Clapton lässt ihnen Raum, aber nur, um
ihre stilistischen Feinheiten entfalten zu lassen. Nie lässt er aber auch
nur die Spur eines Zweifels daran aufkommen, wer Chef im Ring ist.
Der Akustikteil mit dem genial umarrangierten "Back Home" ist ein
Glanzlicht des rund zweistündigen Konzerts, "After Midnight", "Layla" und
"Cocaine" rocken temporeich und mit filigranen Soli aller drei
Gitarristen. Dazwischen sorgt ein intensives "Wonderful Tonight" für
Gänsehaut. Das Publikum genießt und spendet fachkundig Applaus wie bei
Jazzern - ausrasten ist woanders.
Zur Zugabe "Crossroads" kommt Robert Cray auf die Bühne, der mit seiner
Band das Vorprogramm bestritten hatte. Cray spielt ein Solo in der
Tradition von B.B. King, bevor Trucks, Bramhall und Clapton alle
Rock-Facetten aus dem Song holen. Claptons Art, Musik zu machen, macht
wieder Lust auf mehr - hoffentlich spielt er noch mal ein Rock-Album ein,
das die Intensität dieses Konzerts
erreicht.