©ap 2006 - Konzert am 03.06.2006 in Frankfurt/Main

Schluss mit dem Weltschmerz

Claptons Rückkehr zum Rock

Von Uwe Käding

Die Zeit der Melancholie ist vorbei, Eric Clapton rockt wieder. Sein Sound wird geerdet, aber nicht mehr dominiert vom Blues - wie beim Auftaktkonzert der Deutschlandtour zu hören war.

Wer im Vorfeld der "Back Home"-Tour weltschmerzigen Blues und im schlimmsten Fall Soul-Pop wie auf dem letzten Studioalbum befürchtet hatte, wird schon bei den ersten Takten eines Besseren belehrt: "Pretending" wird mit einer Mischung aus rhythmischer Wucht und musikalischer Finesse in den Saal gehämmert, dass man sich an den Ursprung des Claptonschen Ruhms zurückversetzt fühlt - harter Rock, mit gefühlvollen Gitarrensoli; geerdet, aber nicht mehr dominiert vom Blues und gespielt mit einer erstklassigen Band.

Musiker Clapton: Frischzellenkur für die Band

Rund 11.000 Besucher waren am Samstag in die Frankfurter Festhalle gekommen, um die 61-jährige Gitarrenlegende live zu erleben. Clapton, deutlich jünger aussehend, kommt in rosa Jeans-Hemd und Jeans auf die Bühne. Fast im Zentrum Slide-Gitarrist Derek Trucks, Jahrgang 1979 und von Kindheitsbeinen an in die Allman Brothers Band hineingewachsen. Er hat Doyle Bramhall II nicht nur in der Bühnenaufstellung an den Rand verdrängt. Der 34-Jährige Bramhall war noch bei der vorigen Tour Claptons "Wonder-Kid" an der Gitarre.

Am Klavier gibt Chris Stainton eine Galavorstellung, während Tim Carmon an der Orgel eine sehr verhaltene Rolle spielt. Am Bass groovt bei dieser Tour Willie Weeks, und am Schlagzeug sitzt mit Steve Jordan auch ein neuer Mann im Clapton-Kosmos. Eine Frischzellenkur, die der Band viel Dynamik bringt.

Ironischerweise ist "Pretending" der erste Song von Claptons bis dato letztem Rock-Album "Journeyman" von 1990. Ein Jahr darauf kam sein Sohn Conor bei einem tragischen Unfall in New York ums Leben; Clapton verarbeitete das Trauma mit dem Song "Tears in Heaven". Das dazugehörige "Unplugged"-Album wurde zu seinem kommerziell erfolgreichsten und setzte den Ton für die Dekade. Erst mit der Rückbesinnung auf sein Blues-Idol Robert Johnson schien sich Clapton von der Melancholie dieser Phase wieder zu lösen. Der Soulpop von "Back Home" irritierte dann aber die Fans.

Ausrasten ist woanders

Mit dem Slide-Experten Trucks und dem Linkshänder Bramhall hat Clapton bei seiner Tour Gitarristen an seiner Seite, die jederzeit selbst den Top-Spot im Rampenlicht einnehmen könnten. Clapton lässt ihnen Raum, aber nur, um ihre stilistischen Feinheiten entfalten zu lassen. Nie lässt er aber auch nur die Spur eines Zweifels daran aufkommen, wer Chef im Ring ist.

Der Akustikteil mit dem genial umarrangierten "Back Home" ist ein Glanzlicht des rund zweistündigen Konzerts, "After Midnight", "Layla" und "Cocaine" rocken temporeich und mit filigranen Soli aller drei Gitarristen. Dazwischen sorgt ein intensives "Wonderful Tonight" für Gänsehaut. Das Publikum genießt und spendet fachkundig Applaus wie bei Jazzern - ausrasten ist woanders.

Zur Zugabe "Crossroads" kommt Robert Cray auf die Bühne, der mit seiner Band das Vorprogramm bestritten hatte. Cray spielt ein Solo in der Tradition von B.B. King, bevor Trucks, Bramhall und Clapton alle Rock-Facetten aus dem Song holen. Claptons Art, Musik zu machen, macht wieder Lust auf mehr - hoffentlich spielt er noch mal ein Rock-Album ein, das die Intensität dieses Konzerts Seitenanfangerreicht.