©Kölner Stadtanzeiger 2004 - Konzert am 15.4.2004 in Köln

Sparsam dosierte Klasse

„Let it rain” und „Hoochie Coochie Man”: Altmeister Eric Clapton in der Kölnarena

Von Jan W. Brügelmann

Man hat ihn schon besser erlebt: Der Mann ohne Posen lässt sich von seinen Mitstreitern übertrumpfen. Eric Clapton war noch nie ein Mann der großen Worte oder Posen, die Weltstars seines Kalibers so gerne zeigen. Wie anders sein großes Vorbild. Robert Johnson wird nachgesagt, dass er einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat, um so innovativ Gitarre spielen zu können, dass kein Blues-Gitarrist sich heute seinem Einfluss entziehen kann. Johnson's Zeitgenossen beschrieben den Musiker aus dem Mississippi-Delta als offen und kommunikativ - wohl zu sehr, denn Johnson starb 1938 im Alter von nur 27 Jahren an den Folgen einer Vergiftung, nachdem er versucht hatte, einem anderen Mann die Frau auszuspannen.

Von Johnson's Flamboyance ist Eric Clapton meilenweit entfernt. Allenfalls die poppig lackierte Stratocaster des 59-Jährigen stach heraus aus der spärlich dekorierten Bühne. Vier der insgesamt 29 Kompositionen, die Robert Johnson sicher zugeschrieben werden können, präsentierte Clapton in der ausverkauften „Kölnarena“, geschickt platziert zwischen alten Blues-Hits wie dem unverwüstlichen „Hoochie Coochie Man“ und den zeitlosen Clapton-Meilensteinen wie „Layla“, „Cocaine“ oder „Sunshine of Your Love“. Der Johnson-Tribut mitten im Konzert entpuppte sich als Lichtblick zwischen den bewährten Abräumern, die Clapton vor drei Jahren, bei seinem letzten Besuch in Köln, übrigens besser gespielt hat. 

Satt gurgelte Billy Prestons B-3-Hammond unter dem „Milkcow's Calf Blues“, und in seinem fulminanten Solo über die zwölf Takte des „Kind Hearted Woman Blues“ raste Clapton im doppelten Tempo durch die Form - von wegen „Slowhand“! Anschließend gibt der zweite Keyboarder Chris Stainton seine Visitenkarte ab und vereint souverän Thelonious Monk mit Robert Johnson.

Mit ein Grund dafür, dass Clapton unterm Strich in Köln mit seinem reichen Talent geizte, war Doyle Bramhall an der zweiten Gitarre. Claptons alter Sparringspartner Andy Fairweather-Low diente dem Meister einst unauffällig im Hintergrund. Mit Bramhall aber hat sich Clapton einen Solisten von eigenem Rang auf die Bühne geholt. Der junge Texaner überzeugte als Slide-Gitarrist und verblüffte mit ungewöhnlichen Sounds, denn der Linkshänder spielt eine Gitarre für Rechtshänder, wobei die tiefe E-Saite unten und nicht wie gewohnt oben liegt.

Claptons Größe lässt sich auch 2004 an der Qualität seiner Mitmusiker ablesen. Drummer Steve Gadd mit seinem unbestechlichen Timing trieb den Bandchef ein ums andere Mal in die Offensive, wo er lieber zu pausieren schien. Nathan Easts Bass-Stil war unauffällig und präzise. Billy Preston, das Rock 'n' Roll-Lexikon auf zwei Beinen, brachte nicht nur seine unvergleichliche Aura mit auf die Bühne, sondern zog auf der B-3 alle Register, wobei schon fast unterging, dass er mit seinen gewaltigen Händen mühelos über zwei Oktaven greifen kann. Das Publikum reagierte aufgeschlossen, aber man hat schon Abende in der „Kölnarena“ erlebt, wo Seitenanfang Zugaben entschiedener eingefordert wurden.
 

©KSTA