©Mannheimer Morgen/dpa 2004 - Konzert am 30.3. 2004 in Stuttgart

Clapton singt den Blues

Tourneestart 2004 in Stuttgart

Von Martin Oversohl

Das erste Lied auf Eric Claptons neuer Deutschlandtournee haben seine Fans angestimmt. Zum Auftakt des Konzertreigens durch sieben Städte schallte am 30. März ein Geburtstagsständchen für "Mr. Slowhand" durch die ausverkaufte Schleyerhalle. Danach standen wieder Clapton, seine Band und vor allem die Gitarrenhälse im Mittelpunkt: Denn bei seinem Tourneestart erinnerte der wohl bedeutendste weiße Blues-Gitarrist vor allem an die Blueslegende Robert Johnson. Die Serie der brillant gespielten, bisweilen aber nur schwer zugänglichen Coversongs aus den 30er Jahren vermengte Clapton mit eigenen Klassikern zu einem eindrucksvollen Griff in die Kiste der Musikgeschichte. 
"Er hat mein ganzes Leben beeinflusst", urteilt Clapton über den 1938 gestorbenen Johnson, dessen Werke auch von Led Zeppelin, den Rolling Stones und den Red Hot Chili Peppers kopiert wurden. Höhen und Tiefen, durch die auch Clapton zwischen musikalischem Erfolg, Drogensumpf, Läuterung und privaten Schicksalsschlägen gehen musste, spiegeln sich in dieser Musik der Leiden und Sehnsüchte wieder. Nur 29 Songs des Mississippi-Musikers Johnson wurden einst aufgenommen, 14 von ihnen landeten nun auf Claptons neuer CD "Me & Mr. Johnson", seinem insgesamt dritten reinen Blues-Album. 
"Blues zu spielen ist wirklich meine erste Berufung als Musiker. Ich spiele, ohne darüber nachzudenken" erklärt Clapton. Und so zupfen und klimpern der ansonsten schweigsame Star und seine Band fröhlich und unbekümmert durch ihr zweistündiges Programm; da werden die Saiten gezogen und gedehnt, die Tasten geschlagen, dass es für Bluesfreunde eine wahre Freude ist. Clapton wimmert und schmachtet, klagt, raunt und jault mit der vollen, rauchigen Stimme seines Idols, dazu legen vor allem Gitarrist Doyle Bramhall II und ein glänzend aufgelegter Billy Preston an den Keyboards ein unglaubliches Tempo vor. 
Doch die Kneipenstimmung, der Blues, die vertonten Seelenschmerzen der Wanderarbeiter aus den Baumwollplantagen verfehlen in der klobigen Schleyerhalle ihre Wirkung auf das Publikum. Johnsons musikalischer Ausdruck von niedrigem Selbstwertgefühl, Einsamkeit, sexuellem Verlangen und Enttäuschung springt trotz der Qualität der Musiker nicht auf die Massen über. Außerdem liegt Claptons neue CD erst seit wenigen Tagen in den Verkaufsregalen, die meisten Fans hören Johnsons Notenwerke bei der Tournee deshalb das erste Mal. 
Wahre Begeisterung kommt erst auf bei der klassischen Konstellation aus Claptons Best-of-Repertoire, beim stimmungsvollen Liebeslied "Wonderful Tonight", bei "Cocaine", "Layla" und der Zugabe "Sunshine of Your Love". Neben den Karrierehits entstaubt Clapton aber auch eigene Werke, die seit mehr als zwei Jahrzehnten keinen Platz mehr in seinen Konzerten fanden und nun ebenso eine musikalische Wiedergeburt feiern wie Johnsons legendäre Seitenanfang Bluessongs. 

Rosen für Eric - Foto: dpa©