©Thüringer Allgemeine 10.3.2001
Zurück zu den Wurzeln
Eric Clapton: Kostproben aus bald vier
Jahrzehnten musikalischen Schaffens
Von Fritz Werner Haver
Wonderful tonight! Szenenapplaus brandet auf, als Eric Clapton diese
Worte singt. Denn für die vierzehntausend Konzertbesucher in der Köln-Arena ist es in
der Tat ein wundervoller Abend. Zwischen 20 und 70 Lenze zählen die Fans des Generationen
übergreifenden Gitarrengottes.
Der Brite, jetzt zu drei Konzerten in Deutschland, ist der letzte
Saitenzauberer aus den glorreichen Sixties, der heute noch vor großem Publikum amtiert.
Das geschieht zwar bisweilen nur, weil Clapton seine Blues- und Rockriffs bis zur
Beliebigkeit glättet; doch immer noch liefert er in seinen Konzerten große Momente.
Minimalistisch ist seine Bühnenshow. Mal wippt ein Fuß, mal schließt
er die Augen, mal grinst er seinen altgedienten Bassisten Nathan East an. Nicht nur das
Publikum, auch die Band ist zu Gast bei diesem Hausherrn, der den Beifall dankbar und
bescheiden entgegennimmt und schnell ein neues Stück anstimmt, bevor die Begeisterung
allzu hohe Wogen schlägt.
Das alles findet in dem relaxten Rhythmus statt, der seit den siebziger
Jahren das Markenzeichen des Eric Patrick Clapp ist. Mit sichtbarer Spielfreude serviert
er Kostproben aus bald vier Jahrzehnten musikalischen Schaffens, der Zeit mit John Mayalls
Bluesbreakers, Cream, Blind Faith und den langen Jahren, die er nun als Solist um die Erde
tingelt. Von Badge über Cocaine und Layla bis zu Tears in Heaven reicht die Speisekarte
des Maestro an diesem Abend; und das Publikum genießt jeden Gang dieses zweistündigen
Festmahls.
Schon nach den ersten Akkorden des Konzerts - Key To The Highway - ist
klar, daß Eric Clapton nach seinem letzten Solooalbum Pilgrim und dem missglückten
Versuch, modern zu klingen, zurückgefunden hat zum Blues, wo seine Musik seit jeher
wurzelt. Sein jüngstes Werk, Reptile, gerade erschienen, spricht wieder diese Sprache.
Nahtlos fügen sich Stücke wie Got You On My Mind und Dont Let Me be Lonely Tonight in
das Programm dieses Ausnahmemusikers.
Doch es ist nicht der urwüchsige schwarze Blues mit all seinen
schrägen und sperrigen Klängen, sondern ein geläuterter Blues, der auch für
europäische Musikliebhaber Ohrwurmqualitäten entwickeln kann.
Unterstützt wird Clapton von einem exzellenten Quintett, das ihm
bereitwillig die Steilvorlagen für seine solistischen Eskapaden liefert. Doch seine
grandiosen Gitarrensoli sind nie Selbstzweck oder effekthaschendes Feuerwerk der
Improvisationskunst. Im Gegenteil, Mr. Slowhand versteht es, mit wenigen Tönen eine
Dramatik zu entwickeln, die bei aller Bravour den Sinn eines Songs nie aus den Augen
verliert. In majestätischem Groove schreitet sein Stormy Monday einher; und wenn Clapton
dann Lord, have mercy! ruft, geschieht das immer erst im allerletzten Moment. Doch nicht
nur im raffinierten Timing, auch in Energie und Variationsbreite ist der Brite einer der
versiertesten Sänger in seinem Metier.
Und er wird immer besser. Man hat fast das Gefühl, dass er erst jetzt,
im reifen Alter von 56 Jahren, die Ausdrucksmöglichkeiten seiner heiser bluesigen
Gesangsstimme entdeckt. Diese kommt am besten zur Geltung, wenn all das Beiwerk auf ein
Minimum reduziert wird. Nicht umsonst war Claptons Unplugged-Album einer seiner größten
Erfolge und zugleich Anstoß für das Bluesrevival der neunziger Jahre. |