©Bonner Rundschau 10.3.2001

Segeln auf dem Tränen-Fluss

Eric Clapton gastierte in der Kölnarena

Von Jan Wördenweber

Am Anfang war der Blues. Eine göttliche Gabe, sind viele gewillt zu sagen - und genau die sind es auch, die in Eric Clapton den Gesegneten sehen. Zum Auftakt seiner Europa-Tournee hatte Clapton gleich fünfmal in Folge die Londoner Royal Albert Hall gefüllt und begeistert. Danach führte ihn seine Tournee quer durch Europa. Am Donnerstag Abend machte der amerikanische Sänger und Gitarrist in der Kölnarena Station.

Am Anfang war der Blues. "Key To The Highway" heißt er. Clapton sitzt auf seinem Stuhl, die Akustische auf den Knien und ist sofort in seinem Element. Slowhand lässt gleich zu Beginn keinen Zweifel daran, dass er auch ohne Band die 13.500 Zuhörer für zwei Stunden begeistern könnte. Da ist zunächst sein fantastisches Saitenspiel, das bereits im ersten Bluessolo einige Jauchzer aus dem Publikum hervorruft.

Aufreizend lässig zupft er sich durch das Blues-Schema, so dass jeder Gitarrenschüler auf die beiden Videoleinwände starrt, denn dort sieht man des Meisters Fingerarbeit in Großaufnahme. Und da ist noch sein Gesang, der wie Rotwein mit den Jahren an Klasse gewinnt. Oder haben wir ihm früher immer nur auf die Hände geschaut? Voller Leidenschaft, mal mit Kopfstimme, dann wieder kratzend laut, bringt Clapton sein Anliegen zum Ausdruck.

Wer Slowhand jetzt nur auf Blues reduziert, bekommt gleich darauf mit dem latino-geschwängerten "Reptile" eine schallende Ohrfeige. Instrumental gespielt, gefällt der gleichnamige Titelsong des neuen Albums durch den leichten Fluss südamerikanischer Rhythmen. Dass Clapton mit Paulinho De Costa einen Percussion-Meister in der Band hat, tut sein Übriges. Das gesamte Album kommt sehr locker und entspannt daher, keine Spur mehr vom melodramatischen Pathos des 98er Albums "Pilgrim".

Clapton sagt wie immer nicht viel an diesem Abend. Nur, dass jetzt ein etwa zehn Jahre altes Werk folgt: "Tears In Heaven". Komponiert nach dem Tod seines Sohnes, avancierte das Lied zu den Hits während Claptons "Unplugged"-Phase, festgehalten auf CD und MTV. Dann versprüht Clapton wieder jene Blues-Atmosphäre, die sich in einem kleinen Club natürlich noch besser entfalten würde als im riesigen Echo-Tempel Kölnarena.

Am Anfang war der Blues - Clapton kehrt immer wieder zu ihm zurück. Das ist wie mit Brieftauben. Beim "Bell Bottom Blues" greifen erstmals auch Nathan East (Bass), der gefeierte David Sancious (Keyboard) und der treue Andy Fairweather-Low zum Mikrofon und verleihen dem Refrain einen glasklaren mehrstimmigen Chorus.

Zwischen Blues und Baumwollfarm gibt's fast alles: "My Father's Eyes", wird gleich eine Spur schneller gespielt als auf der CD "Pilgrim", von der auch die Ballade "River Of Tears" stammt. Sie schlängelt sich heute durch die harte Rhythmus-Gitarre wie ein rauer Fluss durch die Arena und mäandert in langen Windungen, als Clapton zum ganz langen Solo ausholt.

Als "Hoochie Coochie Man" ertönt, ist der Blues in Reinform wieder präsent. Es ist nicht der letzte: "Oh lord, have mercy" klagt Clapton im "Slow Blues" und verliert sich in nicht enden wollenden Soli. Der Rest ist Pflicht: "Cocaine", "Wonderful Tonight" und "Layla".

Nach knapp zwei Stunden geht Clapton erstmals von der Bühne. Die Besucher im Innenraum und auf den Tribünen klatschen stehend. Und als sich Clapton mit "Sunshine" und dem zartfühligen "Over The Rainbow" verabschiedet, bittet ein älteres Ehepaar hinter mir, ich möge mich doch wieder hinsetzen. Auf einem Rockkonzert! So weit ist es schon gekommen . . .Seitenanfang

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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