Schabernack

Drei kleine Helden ziehen in die weite Welt, bestens gelaunt, die Augen sprühend vor Neugier auf das Leben und seine Abenteuer. Am Schluss der winzigen Bildgeschichte "Schabernack" weicht der Übermut Ernüchterung und im Blick der Helden liegt ein wenig von der Weisheit, die nur aus eigener Erfahrung wächst. Schnicks, Schnacks und Schabernacks Abenteuer sind simpel und symbolisch: Sie mischen sich in einen Streit Anderer – lauter Tiere mit einsilbigen, auf "ck" endenden Namen – ein und kommen dabei um. Ein riesiger Kakerlak frisst Streitende und Schlichter. Weil richtige Helden aber immer heimkehren, lässt die Autorin die gefräßige Schabe kurzerhand zerplatzen. "Da kriechen alle wieder raus und so ist die Geschichte aus."
Eine Abenteuerserie im Zweitaktrhythmus mit kurzsilbigen und kurzzeiligen Reimen, einfach und verständlich wie das ABC. Zu Margaret Klares reduzierten Versen schuf die Schweizer Illustratorin Claudia Schmid den perfekten Kontrast: aufwändig mit tausenden winzigen Strichen gezeichnete opulente Figuren, die sich im selben Schicksal verstricken und auf geheimnisvolle Weise miteinander verwoben sind, im Miteinander genauso wie im Gegeneinander, der Täter mit dem Opfer, der Freund mit dem Feind. "Schabernack" ist eines dieser ebenso zeitlosen wie hinreißenden Bilderbücher, die mit fast Nichts den großen und kleinen Geheimnissen dieser Welt auf die Spur zu kommen scheinen, weil sie Fantasie und Neugier entfesseln und kleine Betrachter und Zuhörer zu eigenen Höhenflügen antreiben.

Margaret Klare, Claudia Schmid (Illustrationen): Schabernack
Peter Hammer Verlag, Wuppertal, 32 Seiten, 12,90 Euro (ab ca.4)


Schleifenbinder

Benni kann tauchen, mühelos, mitten in seinem Zimmer. Dort erforscht er auch ferne Planeten, im eigenen Raumschiff. Oder er reitet mit den Indianern und zähmt gefährliche Tiger. In seiner Fantasie ist er ein tollkühner Held. Im Alltag allerdings scheitert der Alleskönner hin und wieder, zum Beispiel an der schweren Aufgabe, Schnürsenkel zu einer Schleife zusammenzubinden. Damit steht er nicht allein, kann sich des Mitgefühls und Verständnisses ganz junger Leser sicher sein. Die werden auch dem Autor dankbar sein, denn ihm ist ein raffinierter Trick eingefallen, wie jeder das Schleifenbinden im Handumdrehen lernen kann: wenn Monster ins Spiel kommen und kleine Mädchen gerettet werden müssen!

Wilfried Gebhard: Was Benni alles kann
Verlag Lappan, Oldenburg, 28 Seiten, 12,90 Euro (ab ca.5)


Zitrone

Hört, liebe Leute, meinen tollen Bericht. Ein Mann,
der eine saure Zitrone aß, machte sooo ein Gesicht!
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Die kleine Kostprobe oben lässt ahnen, was die Leser erwartet, wenn zwei Jugendliteraturpreisträger zusammenarbeiten. Josef Guggenmos’ 80. Geburtstag war dem Verlag Beltz & Gelberg Anlass genug, eine Sonderausgabe aufzulegen – mit Illustrationen des Kölners Nikolaus Heidelbach. Eine bunte poetische Schatzkiste zum Vorlesen und Lachen.

Josef Guggenmos/Nikolaus Heidelbach (Ill.): Oh, Verzeihung, sagte die Ameise
Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim, 220 Seiten, 12,90 Euro (jedes Alter)


Halber Zwilling?

Ist ein halber Zwilling ein unglücklicher Mensch? So jedenfalls scheint es in dem Jugendbuch der englischen Autorin Jacqueline Wilson. Ein Zwillingspaar hat eine Idee: Es legt ein Buch an, "Kontoführung" steht drauf, und nun ziehen die beiden pubertierenden Mädels täglich Bilanz. Mal die eine, die laute, dominante Ruby; mal – im Kursivdruck – zart und sensibel die andere, die stille Garnet. Die eine schauspielert, auch im Leben; die andere zögert, auch im Leben. Aber sie tun so, als wären sie beide gleich. Zu tun und zu bilanzieren gibt es eine Menge, im Leben und im "Kontobuch". Dann steht eine Trennung an und die Frage: Ist ein halber Zwilling überhaupt (über)lebensfähig? Eine turbulente und spannende Geschichte!

Jacqueline Wilson: Die fabelhaften Barker-Girls
Verlag Oetinger, Hamburg, 157 Seiten, 9,90 Euro (ab ca.12)


Liebesgeschichte

Das Internet bietet neue Chancen, aber auch neue Gefahren. Friederun Reichenstetter geht kritisch mit dem Thema um. In ihrem Buch "Malte voll vernetzt" erzählt sie vom krank machenden Elektrosmog, von Chatsüchtigen, denen das wirkliche Leben ganz unwichtig ist und von wissenschaftlichen Abhandlungen zum Thema "Wie Jugendliche durch das Internet zu reinsten Autisten werden". "Sich im Netz zu tummeln, ist eine Sache; sich darin zu verstricken, die andere – Letzteres sollte man tunlichst vermeiden!" Eingebettet ist die "volle Vernetzung" in eine Liebesgeschichte. Malte, 15 Jahre alt, ein bisschen pummelig, also nicht gerade ein Adonis, ist unsterblich in Lilian, das hübscheste Mädchen der Klasse, verliebt. Doch seine Angebetete ist längst liiert – ausgerechnet mit Fabian, dem attraktivsten Jungen weit und breit. Da gibt es einiges an Konflikten zu lösen...

Friederun Reichenstetter: Malte voll vernetzt
Verlag Aare, Frankfurt, 142 S., 10,80 Euro (ab ca.12)


Hackeranschlag

Im Vordergrund des spannenden Computerkrimis "Die Spur des Hackers" stehen Sicherheitscodes, ihre Macht und ihre Grenzen. Es geht um kriminelle Machenschaften. Ben, Mitglied eines Computerclubs, ist plötzlich in einen Hackeranschlag auf den Computerkonzern Protzosoft verwickelt. Die Polizei durchsucht sein Zimmer, beschlagnahmt den Computer. Kaiser, ein weiteres Mitglied seines Clubs, ist sogar verhaftet worden. Ben erhält geheimnisvolle E-Mails, er wird verfolgt und auch seine Freunde, die ihn unterstützen, geraten in den Strudel der Ereignisse. Entdeckungen in einem Büro bringen schließlich die Auflösung: Kaiser hat die  Geheimdatei einer Firma geknackt: Pläne, die eine skandalöse Ausnutzung der Monopolstellung des Konzerns offenlegen. Das Buch bleibt spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Allerdings brauchen die Leser für die Lektüre schon gute Computerkenntnisse, um die technischen Zusammenhänge zu verstehen. Ein Buch also für krimibegeisterte Compifans.

Andreas Schlüter: Die Spur des Hackers
Altberliner Verlag, Berlin, 256 S., 12,50 Euro (ab ca.11)


Chatroom

Um einen romantischen E-Mail-Flirt geht es in dem Buch "E-Mail in der Nacht". Die körperbehinderte Rosanna erwischt ihre allein erziehende Mutter eines Nachts im Chatroom. Zu gerne würde sie wissen, mit wem sie chattet, doch die Mutter hält ihre nächtlichen Ausflüge ins virtuelle Netz geheim. Jeden Tag nach der Schule versucht Rosanna das Codewort zu knacken, doch erst als der ebenfalls körperbehinderte Erik, ihr neuer Mitschüler, das geheime Suchkommando übernimmt, gelingt es. Am Ende gibt es zwei Liebespaare: Rosanna und Erik und – Rosannas Mutter und Eriks Vater. Im Vordergrund steht nicht knisternde Spannung oder die kritische Betrachtung, das Buch wirkt und besticht durch die positive Grundeinstellung, den natürlichen Umgang mit Behinderung, das soziale Miteinander der Akteure: Ein Vater und eine Mutter, die sich liebevoll und verantwortlich um ihre Kinder kümmern, und Kinder, die solche Erfahrungen leben und weitergeben können.

Doris Meißner-Johannknecht: E-Mail in der Nacht
Ellermann Verlag, Hamburg, 144 Seiten, 9,90 Euro (ab ca.10)


©imke habegger 2002