Hänger

Der totale Einbruch. "Am dritten Tag", sagt Conny, die Wirtin, "ischt's meischt am schlimmschten, nachher passt's!" Hannah schläft zu wenig, weil sie abends mit mir ins Bett und früh nicht aus den Federn will. Morgens wird sie durch Neuankömmlinge um halb Acht geweckt und beschuldigte mich, ich hätte den Lärm gemacht. Doch ich saß auf dem Balkon, nähte meine Berghose und war mucksmäuschenstill. Der 2. Hannah-Satz an diesem Morgen: "Ich bin zu müde, um auf die Berge zu gehen!" Ich setze mich durch: Wir gehen auf die Nilljochhütte. Das Wetter ist nicht besonders, sieht aber auch nicht bedrohlich aus.

Wir fahren auf den Wallhorner Parkplatz unterhalb der Bodenalm. Pünktlich mit dem Parken fallen drei Tropfen vom Himmel. Wir gehen trotzdem los. Hannah bockt. Ich zaubere Traubenzucker aus der Hosentasche und komme mir vor wie ein Ponybändiger. Hannah kriegt tatsächlich einen Energieschub - doch er hält nicht lange an. Es tropft nun immer stärker aus den dunklen Wolken. Wir packen unsere Regenjacken aus. Hannah hat Angst vor den Kühen, die friedlich auf dem Weg weiden, - und bockt. Ich überlege: Soll ich zurückgehen? Es sieht nicht so aus, als würden die Wolken sich verziehen. Wir sind schon ziemlich nass! Ich entscheide mich schnell: Wir brechen ab! Wir gehen zur Bodenalm, wärmen uns auf und warten ab. Wenn es sich einregnen sollte, sind wir von dort relativ schnell beim Auto.

Der Aufstieg wird heftig! Hannah bleibt zurück und bockt, will keinen Schritt mehr gehen. Ich lasse sie einfach hinter mir - auf dem Fahrweg kann ihr nicht viel passieren. Später muss ich lange warten, ehe sie wieder neben mir steht. Dann bekommt sie kurz Oberwasser, als ich ihr eine Abkürzung vorschlage. Sie marschiert los - und ich habe auf den letzten Metern massive Schwierigkeiten, japse nach Luft. Sie ist vor mir auf der Alm und triumphiert für Minuten.

Wir ziehen die nassen Sachen aus, setzen uns draußen unter die Markise. Ich bestelle schwarzen Tee, um warm zu werden. Die Almwirtin lässt die Radiowettervorhersage über den Lautsprecher nach draußen klingen: Ergiebige Regenfälle in Osttirol. So kann man es auch nennen! Hannah gibt keine Ruhe, bis wir uns ins Innere der Hütte verziehen. Ich hätte lieber draußen gesessen - trotz Wolken schöne Sicht! Wir essen Frittatensuppe und Gröschtel. Am Fenster streichen Wolkenschleier vorbei, dann ist der Almhang wieder zu sehen - ein Sonnenstrahl! Eine Gruppe fröhlicher Bergsteiger hat sich vor der Hütte niedergelassen, und einer grinst, als ich prüfend vor die Hütte trete. Wie sieht es aus? "Das wird heut nix mehr", sagt er.

Es sieht in der Tat nicht Vertrauen erweckend aus. Hannah bockt immer noch. Beim nächsten zaghaften Sonnenstrahl überlege ich, noch ein wenig ins Timmeltal hinein zu spazieren. Hannah streikt, sie will zurück ins Gästehaus, wo sie so gerne den Säugling betüttelt. "Mich jetzt noch irgendwohin zu jagen, wäre Kinderschänderei", sagt sie frech. Ich würde so gerne noch weiter gehen!

Keine Chance! Wir laufen halbwegs im Trockenen den Fahrweg zum Parkplatz hinunter, fahren nach Matrei und langweilen uns bei Eis und Cappuccino. Zuvor habe ich im Tourismusbüro nach Kinderprogrammen gefragt. Viel Papier - aber so gut wie keine Ausbeute, nichts dabei, was sie alleine beschäftigen könnte. Ich müsste mit - aber ich will doch auf die Berge! Wir diskutieren, streiten heftig - und schließlich schlage ich ihr erbost vor, sie alleine mit der Bahn nach Hause zu schicken - zu ihrem Vater! Sie erschrickt - und will nicht. Ich mache ihr klar, dass es so nicht weitergeht! Lange Diskussion - sie zeigt nur verhalten Einsicht. Ich habe wenig Hoffnung für die nächsten Tage...

Zum 5. Tag

Tag4: 14. Juli

Bodenalm, 1960m