Wasser

Ich habe sauschlecht geschlafen, weil mich die am Abend beim Islitzer getesteten Osttiroler Schlipfkrapfen die ganze Nacht verfolgt haben. Ich muss ein wenig aufpassen mit den fettreichen Spezialitäten der Region. Trotzdem: Ich will zu den Umbal-Wasserfällen. Es regnet nicht mehr, aber dicke Wolken vergrauen immer noch den Himmel. Ich bin müde und komme nicht in die Gänge. Es dauert Stunden, bis ich den Rucksack organisiert habe. Endlich geht es los! Wir fahren zum Parkplatz Ströden, schnüren mühsam unsere Stiefel zu und traben langsam über den Fahrweg nach oben. Hannah bockt, stoppt alle zwei Minuten, weil irgendetwas juckt, drückt, nervt. Ich hechele leicht nach Luft - aber es geht.

Auf dem Wasserschaupfad bekommt Hannah endlich Spaß am Weg. Der ist aber auch traumhaft. Ich kann das Kind kaum verstehen, so laut rasen die schäumenden Wassermassen zwischen rundgeschliffenen Felsen hindurch. Ein Stück weit höher sitzen wir auf einer Art Podest, das auf einen hohen Felsen gebaut ist, direkt über der tosenden Isel. Wir steigen neben den herabfallenden Wassern weiter hinauf - und erreichen am Ende des Wasserschaupfades ein kleines Plateau, das die Isel ein Stück weit nahezu eben passiert. Wir rasten auf einem flachen Felsen, der in den Fluss hinein ragt. Wir trinken einen Schluck aus der unzerbrechlichen Flasche, essen einen Apfel. Dann legen wir uns bäuchlings auf den Felsen und starren in das rasch über kleine Felsstücke hüpfende Wasser. Ich könnte ewig so liegen bleiben...

Andere Bergfreunde erregen unsere Aufmerksamkeit, sie scheinen am gegenüberliegenden Hang, wo der Schleierfall des Zopatbaches über das von Felsen durchzogene Almgrün stäubt, etwas entdeckt zu haben. Sie rufen, dann sehen wir es auch: Zwei Murmeltiere spielen am Hang Verstecken. Das Fernglas holt sie uns näher heran, deutlich sind die weißen Zähnchen zu erkennen. Eins wieselt auf einen Felsen hinauf und scheint oben umzukippen. Liegt in der Sonne und rührt sich nicht mehr. Hannah ist begeistert.

Ich will noch ein Stück weiter hoch Richtung Clarahütte, aber Hannah streikt. Also gehen wir über den Fahrweg zurück zur Islitzer-Alm. Der Johannes tut, was wir von ihm erwarten und duzt uns - wie alle anderen auch. "Was willscht'n du drinka?" ist eine Variation von etwa fünf Möglichkeiten. Ein paar Tage später fragt er mich "Bischt du schon wieder da?" Ich bestelle erst mal ein Weißbier. Plötzlich wird er auf Hannahs T-Shirt aufmerksam, ein Geschenk von Pidder mit einem Foto von Hibi in Brusthöhe. "Wer hat das gemacht? Den kenne ich!" Es dauert ein paar Minuten, dann sind alle Zusammenhänge klar. "Du kriagst jetzt a Schnapserl!" beschließt Johannes. Ich wehre mich nicht.

Abends beim Islitzer sitzt neben uns der Gamsbart mit dem Gigantohut. Hannah probiert ihn auf - er passt. Das Kind erschrickt, weil der Hut so schwer ist. Ich grinse und trinke mein Bier. Ein Schweizer Geologe unterhält den ganzen Laden lauthals mit Geschichten über Berge und Steine. Ich probiere den Moaschdawurz - gewöhnungsbedürftig, aber nicht schlecht. Der Gamsbart informiert uns jetzt umständlich über alle von hier erreichbaren Hütten und erzählt von seinen 40 Dreitausendern. Ich höre geduldig und amüsiert zu, Hannah unterhält die ganze Runde mit schlauen Fragen und bekommt ein Bergkristall geschenkt. Ihr erster Kontakt mit Halbedelsteinen.

Mir geht es endlich gut. Ich habe beim Aufstieg an den Umbalwasserfällen zum ersten Mal erlebt, wie der Alltag von mir abfiel wie Staub, den eine Dusche abspült. Ich fühle mich sehr leicht und genehmige mir noch einen Hausbrand. Sieht ganz so aus, als würde der Urlaub doch noch der Hit! Als wir vom Restaurant auf die Straße treten, stäubt uns die federleichte Gischt vom Wasserfall an der alten Mühle kühl ein. Wir trauen uns auf die Brücke und sind im Nu ziemlich feucht. Später rauche ich noch eine Zigarette auf "meinem" Balkon. Ich kann fühlen, wie ich mich entspanne.

Zum 4. Tag

Tag3: 13. Juli

Rasende Wasser

Umbalwasserfälle

Rast

Rast über der Isel

Zopatbach

Schleierfall des Zopatbachs