Romanze

Tiefe, dicke Wolken, aber kein Regen. Wir fahren nach Kals, der Himmel verdüstert sich. Und als wir kurz vor dem "Taurer" (ein Hotel) parken, fängt es an zu kübeln. "Jetzt können wir direkt wieder zurückfahren!" konstatiert Hannah. "Nix da", sage ich, "wir gehen trotzdem!" Nun folgt eine ganze Tirade von Beschimpfungen, doch ich will nichts hören, ziehe schnell die Regenjacke an und laufe einfach los. Mit wütendem Gesicht zockelt sie hinter mir her. Beim Taurer müssen wir uns zehn Minuten unterstellen, weil ein gigantischer Schauer herunterkommt. Doch die dunklen Wolken verziehen sich nach zehn Minuten. "Nun komm!" feuere ich meine Tochter an, die immer noch ziemlich muffelig aussieht. Ihre Miene hellt sich erst auf, als sie ein Kalb und ein Fohlen erblickt. Das Fohlen lässt sich streicheln, dann dreht es sich um und pinkelt los, fast auf unsere Schuhe. Endlich lacht das Kind - und ich stapfe los in die Richtung, die der Wegweiser zur Daberklamm weist. Eine Klamm ist eine Schlucht und der aus dem Slawischen stammende Name bedeutet auch Schlucht. Es ist also eine Schluchtschlucht, in die wir hineingehen.

In jedem Fall ist sie wildromantisch. Tief hat sich das Wasser in die Felsen eingegraben, die steil neben uns aufragen. Überall tropft und rieselt es von den zerklüfteten Wänden, die außerdem winzige Moose und Steinwurze zieren. Wir kommen durch einen in den Berg gesprengten Tunnel, dahinter fällt Wasser so heftig aus der Wand, dass wir nass werden. Es regnet auch wieder leicht, aber das ist hier egal, hier ist eh überall Wasser. Nach einer Weile öffnet sich die Schlucht, die Bergeralm liegt vor uns. Von den umliegenden Bergen ist leider nichts zu sehen - nur gigantische Wolken.

An der Bergeralmhütte im Kalser Dorfertal wollte ich eigentlich vorbeigehen und erst im Kalser Tauernhaus Rast machen, doch als wir die Hütte erreichen, verdichtet der Nieselregen sich zu einem mächtigen Schauer. Jetzt reicht es auch mir!

In der Hütte probiere ich Tiroler Knödel, die wirklich sehr gut schmecken. Ansonsten warten wir, dass es aufhört zu regnen. Tut es nicht. Zum Entzücken der anderen Gäste passe ich Hannah meinen Regenponcho an, unter dem sie fast ganz verschwindet und wie ein Zwerglein aussieht - zum Kugeln! Wir ziehen die Kapuzen fest ins Gesicht und marschieren tapfer los, zurück Richtung Taurer-Parkplatz. Fast am Ende der Alm, kurz vor der Daberklamm, hört es plötzlich, wie von Geisterhänden abgestellt, zu regnen auf, nach wenigen Sekunden scheint sogar die Sonne. So einen fixen Wetterwechsel habe ich auch noch nicht erlebt. Im Handumdrehen schwitzen wir unter den Regenklamotten, müssen alles wieder ausziehen. Dieses ewige an, aus, an, aus ist wirklich ziemlich lästig.

Am Dorferbach, auf einer kleinen Viehbrücke, setzen wir uns noch eine Weile hin und halten das Gesicht der Sonne entgegen, die wir so lange vermisst haben. Das Brückchen hat nur zwei lange Baumstämme als Geländer, und durch Löcher in den Bohlen sieht man das Wasser über die Steine hüpfen. Kaum zu glauben, dass dieses Wasser nur wenige 100 Meter weiter weiß aufgeschäumt durch die engen Felsen tost. Ein schönes Plätzchen, das wir nur ungern verlassen.

Als wir die Daberklamm fast durchschritten haben, fängt es wieder an zu regnen. Wir beeilen uns und erreichen das Auto, ohne allzu nass zu werden. Auf der Rückfahrt hellt sich der Himmel auf, je mehr wir uns dem Virgental nähern. Über Virgen leuchtet die Sonne! In Hinterbichl gibt es zwar Wolken, aber wir erfahren, dass es dort den ganzen Tag nicht geregnet hat. Na, so was!

Zum 12. Tag

Tag11: 7. August

Daberklamm im Kalser Dorfertal

 

Bergeralm

 

Mit Regenponcho am Dorferbach